Die populärsten Irrtümer

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– über die Homöopathie und die konventionelle Medizin – Teil 5

Weil ich in Debatten immer wieder die gleichen falschen Aussagen höre, stelle ich sie hier einmal zusammen mit den entsprechenden Argumenten, Daten und Fakten: Irrtümer, die über die Homöopathie geäußert werden, meistens mit entsprechenden Irrtümern über die Medizin gepaart. Ich hoffe, das entspannt die Debatte, die ich als unnötig polarisiert und wenig konstruktiv wahrnehme. Es geht weiter mit

Irrtum Nr. 5 –Teurer Zucker

von Susann Buchheim-Schmidt

  1. Homoöpathie ist ein großes Geschäft

Lebostein 21.03.2014

Die Homoöpathie-Freunde regen sich immer über die Geldschneiderei der klassischen Medizin auf. Dabei ist das bei der Homoöpathie viel schlimmer. Das ist ein Riesengeschäft und eine riesige Abzocke! Da wird Wasser und Zucker für ordentlich Geld verkauft…

Fakt ist, dass es sich dabei um Arzneimittel handelt, die behördlich reguliert sind und diversen rechtlichen Anforderungen, wie z.B. dem Arzneimittelgesetz, den hohen Anforderungen an die „Gute Herstellungspraxis“ (GMP) und vielen weiteren – auch europäischen Regularien – genügen müssen.

Die Herstellung von Homöopathika unterscheidet sich bzgl. der gesetzlichen Anforderungen an den Herstellungsprozess in keiner Weise von der Herstellung herkömmlicher Arzneimittel.

Ausgangsstoffe

Die Ausgangsstoffe müssen zunächst entweder selbst angebaut oder beschafft werden. Dies ist vielen Regularien, wie z.B. Anforderungen an Saatgut und Anbau, Verzicht auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, Dokumentation etc. unterworfen.

Vor der eigentlichen Herstellung müssen sämtliche Ausgangsstoffe geprüft werden und den Arzneibuchanforderungen (Homöopathisches Arzneibuch/ Europäisches Arzneibuch) entsprechen. Die aus den Ausgangsstoffen hergestellten Urtinkturen werden vor der Weiterverarbeitung ebenfalls geprüft,  dazu sind bis zu 10 teilweise aufwändige analytische Untersuchungen nötig. Das unterscheidet Homöopathika in keiner Weise von Arzneimitteln der konventionellen Medizin.

Im Gegenteil: Die Prüfung von Pflanzenmaterial ist teilweise aufwändiger und komplexer als die von chemisch genau definierten Ausgangsstoffen.

Herstellung

Der weitere Herstellungsprozess, die Verreibung bzw. Verschüttelung der Ausgangsstoffe (das sogenannte Potenzieren) zum fertigen Produkt, muss selbstverständlich auch den hohen Qualitätsanforderungen an die Arzneimittelherstellung entsprechen und aufwändig kontrolliert und dokumentiert werden.

Teuer ist bei der Herstellung nicht allein das Ausgangsmaterial sondern insbesondere die Hilfsstoffe wie z.B. Ethanol, der gerade bei hohen Potenzen in größeren Mengen anfällt: Potenziert wird nach dem gesetzlich vorgeschriebenen Homöopathischen Arzneibuch (HAB) im Regelfall nicht mit Wasser, sondern mit Ethanol-Wasser-Gemischen. Dabei werden für jeden Potenzierungsschritt größere Mengen an Alkohol (je nach Potenz 51-90 Vol%) verbraucht, der wiederum den pharmazeutischen Qualitätsanforderungen entsprechen muss und nicht gerade preiswert ist. Für jeden Potenzierungsschritt muss bei der in Deutschland vorgeschriebenen Mehrglasmethode zudem ein neues Arzneigläschen verwendet werden.

Die Annahme, dass man mit wenig Ausgangsstoff genug Material für alle Zeiten hätte, ist ebenfalls falsch. Tatsache ist, dass die Haltbarkeit homöopathischer Arzneimittel genau wie die in der konventionellen Medizin max. 5 Jahre beträgt. Auch die Haltbarkeit von Urtinkturen als Ausgangsmaterial ist begrenzt.

Registrierung und Zulassung

Bevor jedoch ein Homöopathikum überhaupt industriell im hergestellt werden kann, muss es von der Behörde registriert werden oder – sofern es eine Indikation beansprucht – zugelassen werden.

Für die Registrierung eines Mittels müssen Dokumente vorgelegt werden, die die Sicherheit des Arzneimittels belegen, dazu sind aufwändige Recherchen im Bereich Toxikologie notwendig. Auch muss bei Registrierungen die homöopathische Verwendung des Mittels belegt werden, mittlerweile z.B. mit zwei Arzneimittelprüfungen, für die die gleichen rechtlichen Anforderungen wie für klinische Prüfungen gelten (Votum der Ethikkommission, Prüfarzt, Probandenversicherung, etc.).

Wenn eine Indikation angegeben werden soll, muss eine Zulassung beantragt werden und dann ist der Aufwand noch wesentlich größer, denn es müssen – ebenso wie für konventionelle Präparate – Studien vorgelegt werden.

Tatsache ist, dass schon die Registrierung eines einzelnen Mittels viele Tausend Euro kostet; dass jede Änderung eines Beipackzettels bei der Behörde angezeigt werden muss und diese berechnet dafür wiederum eine Gebühr.

Demgenüber steht, dass viele der über 1000 Einzelmittel (ABDA-Datenbank) nur selten verwendet werden. Bei manchen Präparaten werden weniger als 10 Packungen im Jahr verkauft und die Hersteller haben diese nur in ihrem Sortiment um den Patienten und Therapeuten ein vollständiges Set an Mitteln in verschiedenen Potenzen anbieten zu können. Ausnahmen wie die sogenannte „1000er Regel“ sind in diesen Fällen zwar nach AMG auch möglich, aber auf viele Einzelmittel nicht anwendbar.

Der Verbrauch ist – insbesondere bei Hochpotenzen – ja sehr gering, weil nur wenige einzelne Globuli in großen Abständen verabreicht werden.

Konventionelle Arzneimittel

Richtig ist, dass die Entwicklung eines neuen Arzneimittels im konventionellen Bereich viele Millionen Euro kostet. Allerdings sind diese Mittel dann auch patentierbar und die Gewinnspannen ungleich höher als bei Homöopathika.

Tatsache ist letztendlich auch, dass für homöopathische Arzneimittel, in Deutschland die gleichen Anforderungen an die Erfassung, Bewertung und Dokumentation von Arzneimittelrisiken gelten wie für die konventionellen Arzneimittel, egal ob die Mittel zugelassen oder registriert sind. Diese Anforderungen an die Arzneimittelsicherheit sind mit einem weiteren hohen organisatorischen und Dokumentationsaufwand verbunden.

Summa summarum reden wir bei homöopathischen Einzelmitteln von einem Apothekenverkaufspreis zwischen 8 und 10 Euro je nach Hersteller für eine Potenz bis C30 pro Fläschchen (ABDA-Datenbank). Dieser Preis steht durchaus im Verhältnis zum Produktionsaufwand und ist, auch verglichen mit anderen Präparaten aus dem Bereich Selbstmedikation, nicht hoch.

Quellen:

http://www.spiegel.de/forum/gesundheit/glaubensfrage-homoeopathie-meine-kinder-bekommen-kuegelchen-thread-121580-6.html

https://www.bfarm.de/DE/Arzneimittel/Arzneimittelzulassung/Zulassungsarten/BesondereTherapierichtungen/Homoeopathische_und_anthroposophische_Arzneimittel/KriterienIndikationen.html

HAB 2018 (Homöopathisches Arzneibuch)

http://www.pharmazie.com (ABDA Datenbank)

https://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/ (Arzneimittelgesetz)

https://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__63c.html

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S. Buchheim-Schmidt

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